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Auskunftsbescheid

BGBl. I Nr. 97/2001 idF. BGBl. I Nr. 149/2017

Zur Verbesserung der Transparenz und Rechtssicherheit wurde mit 3.Jänner 2018 der entgeltliche, antragsgebundene und rechtsverbindliche Auskunfts­bescheid eingeführt.

Davon unberührt bleibt wie bisher die Möglichkeit gemäß bestehender Verwaltungspraxis auf unentgeltliche Auskunftserteilung durch die Behörde. Im Vorfeld ist es daher zweckmäßig abzuklären, ob das Informationsbedürfnis formlos erfüllt werden kann.

Gegenstand von Auskunftsbescheiden gem. § 23 FMABG sind Rechtsfragen zu Sach­verhalten im Zusammenhang mit den in § 2 Abs. 1 bis 4 FMABG angeführten Bundes­gesetzen, insbesondere betreffend neuartige Geschäftsmodelle und damit gegebenenfalls im Zusammenhang stehende Konzessionspflichten. Voraus­setzung ist entweder, dass

1.    der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Antrag­stellung noch nicht verwirklicht wurde oder,

2.    der Sachverhalt zwar bereits verwirklicht wurde, der Antrag sich jedoch auf die Beurteilung anhand einer künftig wesentlich geänderten Rechtslage bezieht, soweit diese zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits kundgemacht wurde.

Hinzuweisen ist darauf, dass es sich dabei nur um Sachverhalte handeln kann, deren rechtliche Beurteilung nicht der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen der Aufsicht über Kreditinstitute im einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) oder dem einheitlichen Abwicklungsausschuss vorbehalten sind. Nähere Ausführungen zur Zuständigkeitsabgrenzung im SSM finden Sie in untenstehendem Anhang.

Die FMA hat gemäß § 23 Abs. 1 FMABG auf schriftlichen Antrag über die aufsichtsrechtliche Beurteilung von derartigen Sachverhalten abzusprechen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen aufsichtsrechtlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht und die Beurteilung nicht der Europäischen Zentral­bank oder dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss vorbehalten ist.

Gemäß § 23 Abs. 4 FMABG hat der schriftliche Antrag – neben den Generalien des Antragstellers – Folgendes zu enthalten:

1. eine vollständige und in sich abgeschlossene Darstellung des der Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhaltes;

2. die Darlegung des besonderen Interesses des Antragstellers;

3. die Darlegung des Rechtsproblems;

4. die Formulierung konkreter Rechtsfragen;

5. die Darlegung einer eingehend begründeten Rechtsansicht zu den formulierten Rechtsfragen.

Der Antrag hat demnach eine umfassende Darstellung des entsprechenden Sachverhaltes, der Rechtsprobleme mit konkreter Formulierung der Rechts­fragen samt Darlegung einer eingehend begründeten Rechts­ansicht hierzu und das besondere Interesse an der Klärung derselben sowie die objektive rechtliche Betroffenheit des Antragstellers zu enthalten.

Aus den Anforderungen folgt, dass sich der Antragsteller bereits im Vorfeld mit den Bezug habenden rechtlichen Bestimmungen sowie mit den Rechtsproblemen auseinanderzusetzen hat. Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind vergleichbar mit den formalen Anforderungen an die Begründung der Zulässigkeit einer Revision an den VwGH im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (iVm § 28 Abs. 3 VwGG). Ebenso sollte der Antragsteller entsprechende Sorgfalt bei der Darstellung des Sach­verhalts anwenden, da dieser Grundlage des Auskunftsbescheides ist und sich die Bindungswirkung des Auskunftsbescheids auch nur auf diesen Sach­verhalt beziehen kann.

Antragsbefugt sind natürliche oder juristische Personen, Personenvereinigung (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit und Personen, die ein eigenes berechtigtes Interesse an der Zusage der aufsichtsrechtlichen Beurteilung haben, zB. wenn der dem Antrag zugrunde liegende Sachverhalt durch eine im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht rechtlich existente juristische Person oder Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechts­persönlichkeit verwirklicht werden soll.

Gemäß § 23 Abs. 8 FMABG haben Antragsteller für die Bearbeitung des Antrages einen Verwaltungskostenbeitrag zu entrichten. In diesem Zusammen­hang wird auf die FMA-Gebührenverordnung– FMA-GebV, BGBl. II Nr. 230/2004, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 206/2017 verwiesen.

Die einzelnen Tarifposten orientieren sich zunächst daran, ob die der zu klärenden Rechts­frage entsprechende Amtshandlung einem oder mehreren Gebühren­tatbeständen nach der FMA-Gebührenverordnung unterliegt (TP 1).

Sollte als Bemessungsgrundlage kein entsprechender Gebührentatbestand heran­gezogen werden können, ist ein Pauschalbetrag von € 5.000 zu leisten (TP 2). Gemäß § 23 Abs. 9 FMABG beträgt der Verwaltungskostenbeitrag € 500, wenn der Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen wird, gemäß § 13 Abs. 4 AVG als zurückgenommen gilt oder vor Beginn der Bearbeitung zurück­genommen wird (TP 3).

Für die Zuständigkeitsabgrenzung hinsichtlich des Auskunftsbescheids sind jedenfalls folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • In die Zuständigkeit der EZB (persönlicher Anwendungsbereich) fallen Kreditinstitute gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR („CRR-KI“) sowie bankgeführte Finanzkonglomerate und (gemischte) Finanzholdinggesellschaften. Nicht unter die Aufsicht der EZB fallen nationale Kreditinstitute, die keine CRR-KI sind, Zahlungsinstitute und (CRR-)Wertpapierfirmen.
  • Der sachliche Anwendungsbereich wird in Art. 4 iZm Erwägungsgrund 28 SSM-VO bestimmt und umfasst kurz zusammengefasst die prudentielle Bankenaufsicht. Wertpapiercompliance sowie Angelegenheiten der Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention wurden nicht in die unmittelbare Zuständigkeit der EZB übertragen.
  • Laufende Aufsicht über bedeutende Kreditinstitute: Rechtsauslegungen im Rahmen der laufenden Aufsicht über bedeutende Kreditinstitute innerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs der SSM-VO sind jedenfalls iSd § 23 Abs. 1 FMABG der EZB vorbehalten.
  • Rechtsauslegung im Rahmen der Aufsicht über weniger bedeutende Kreditinstitute: Gemäß Art. 6 Abs. 4 SSM-VO obliegt es den nationalen zuständigen Behörden, die Aufgaben gemäß Art. 4 Abs. 1 SSM-VO direkt gegenüber weniger bedeutenden CRR-KI wahrzunehmen, sodass im Rahmen der LSI-Aufsicht Auskunftsbescheide erlassen werden können. Die EZB hat jedoch Konvergenzinstrumente und Weisungsbefugnisse gegenüber den nationalen zuständigen Behörden, um die einheitliche und wirksame Funktionsweise des SSM zu gewährleisten, die von der FMA zu berücksichtigen sind.
  • Konzessionierungs- und Eigentümerkontrollverfahren fallen gemäß Art. 14 und 15 SSM-VO trotz umfassender Mitwirkungspflichten der nationalen Behörden in die alleinige Entscheidungskompetenz der EZB. Stellt daher ein Unternehmen bzw. ein CRR-KI einen Antrag auf Ausstellung eines Auskunftsbescheids zu einem Geschäftsmodell oder betrifft eine Anfrage materiell die Entgegennahme von Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums bzw. Kreditgewährung für eigene Rechnung, besteht keine Zuständigkeit der FMA.

Konzessionspflichtige Tätigkeiten, die von spezielleren Gesetzen vorgesehen werden, wie zB. die Konzessionspflichten nach dem ZaDiG 2018, fallen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der SSM-VO, sodass der EZB hier keine Zuständigkeit zukommt.