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Sustainable Finance

Dem Finanzmarkt kommt bei dem Strukturwandel zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Als Anbieter von Finanzprodukten sowie als institutionelle Investoren können Finanzmarktteilnehmer maßgeblich dazu beitragen, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern und den Übergang zu einer nachhaltigeren und widerstandsfähigeren Wirtschaft zu erleichtern. Durch Integration von Nachhaltigkeitsaspekten aus Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) in den regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Rahmen sollen nun entsprechend dem Aktionsplan der Europäischen Kommission für nachhaltige Finanzen und dem Grünen Deal Kapitalflüsse in Richtung nachhaltige Investitionen umgelenkt werden und Maßnahmen zur Bewältigung von finanziellen Risiken aus Klimawandel, Naturkatastrophen und sozialen Problemen sowie zur Förderung der Transparenz und Langfristigkeit in der Finanz- und Wirtschaftstätigkeit forciert werden.

Ausgehend vom Aktionsplan der Europäischen Kommission für nachhaltige Finanzen und dem Grünen Deal wurde ein Rechtsrahmen zu Sustainable Finance vorgegeben, welcher in den Zuständigkeitsbereich der FMA fällt.

Taxonomie-Verordnung (Taxonomy Regulation, TR)

Die Verordnung (EU) 2020/852 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 legt als zentraler Rechtsakt in der europäischen Regulierung zu Sustainable Finance  fest, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können.

Zentral ist hierbei die in der Taxonomie-Verordnung festgelegte Legaldefinition für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten in Art. 3 iVm Art. 10 bis 18 TR , wonach eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit eine Wirtschaftstätigkeit ist,

  • die zu einem oder mehreren der taxativ genannten Umweltzielen ( Art. 9 TR ), daher
    • zum Klimaschutz ( Art. 9 Bst. a TR ) oder
    • zur Anpassung an den Klimawandel ( Art. 9 Bst. b)

bzw. seit 01.01.2023 (sh Art. 27 Abs. 2 Bst. a TR )

  • zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz von Wasser- und Meeresressourcen (Art. 9 Bst. c TR ),
  • zum Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft (Art. 9 Bst. d TR ),
  • zur Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (Art. 9 Bst. e TR ) oder
  • zum Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme (Art. 9 Bst. f TR ),

einen wesentlichen Beitrag gemäß Art. 10 bis 16 TR (spezielle Kriterien je Umweltziel) leistet;

  • nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung anderer Umweltziele führt (Art. 17 TR );
  • Mindestschutzstandards einhält (Art. 18 TR ) und
  • den durch die Europäische Kommission festgelegten technischen Bewertungskriterien

Für Finanzmarktteilnehmer insbesondere einschlägig sind darüber hinaus die Bestimmungen in der Taxonomie-Verordnung bzgl.

  • Transparenz in vorvertraglichen Informationen und regelmäßigen Berichten betreffend ökologisch nachhaltigen Investitionen (Art. 5 TR ), Finanzprodukten, mit denen ökologische Merkmale beworben werden (Art. 6 TR ) und bei anderen Finanzprodukten (Art. 7 TR ) sowie bzgl. der
  • Transparenz in nichtfinanziellen Erklärungen bei Unternehmen (Art. 8 TR ).

Zur Konkretisierung der in der Taxonomie-Verordnung angelegten Verpflichtungen wird der Kommission die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Art. 8 Abs. 4, Art. 10 Abs.  3, Art. 11 Abs. 3, Art. 12 Abs. 2, Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 und Art. 15 Abs. 2 iVm Art. 23 TR übertragen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die folgenden Rechtsakte hinzuweisen:

  • Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178 der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung des Inhalts und der Darstellung der Informationen, die von Unternehmen, die unter Artikel 19a oder Artikel 29a der Richtlinie 2013/34/EU fallen, in Bezug auf ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten offenzulegen sind, und durch Festlegung der Methode, anhand deren die Einhaltung dieser Offenlegungspflicht zu gewährleisten ist (sogennanter Disclosure Delegated Act).
  • Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet (sogennanter Climate Delegated Act)
  • Delegierte Verordnung (EU) 2022/1214 der Kommission zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 in Bezug auf Wirtschaftstätigkeiten in bestimmten Energiesektoren und der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 in Bezug auf besondere Offenlegungspflichten für diese Wirtschaftstätigkeiten (sogennanter Complementary Climate Delegated Act)

Die FMA wurde mit BGBl. I Nr. 36/2022 zum Vollzug der Offenlegungsverpflichtungen nach Artikel 5-7 Taxonomie-Verordnung zuständig erklärt.

Offenlegungs-Verordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR)

Die Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor schafft einen harmonisierten Rechtsrahmen für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater über Transparenz bei der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken und der Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Prozessen und bei der Bereitstellung von Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten. Sie gilt seit 10.3.2021. Daraus ergeben sich folgende wesentliche Offenlegungsverpflichtungen:

  • Offenlegungen auf der Website:
    • Transparenz bei Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken gem. Art. 3 SFDR
    • Transparenz nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen auf Unternehmensebene gem. Art. 4 SFDR
    • Transparenz hinsichtlich der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Vergütungspolitik gem. Art. 5 SFDR
  • Offenlegungen in vorvertraglichen Dokumenten:
    • Transparenz bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken gem. Art. 6 SFDR
    • Transparenz bei nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen auf Ebene des Finanzprodukts gem. Art. 7 SFDR

Die Offenlegungen in vorvertraglichen Dokumenten unterscheiden sich die konkreten Vorgaben je nachdem ob es sich gemäß Art. 8 SFDR

um ein Finanzprodukt handelt, das ökologische oder soziale Merkmale bewirbt (sogenannte „hellgrüne“ Produkte), oder ob es sich um ein Finanzprodukt handelt, das eine nachhaltige Investition anstrebt (sogenannte „dunkelgrüne“ Produkte).

  • Offenlegungen in periodischen Berichten.

In einer delegierten Verordnung zur SFDR (DelVO (EU) 2022/1288) wurden technische Regulierungsstandards veröffentlicht, die Einzelheiten im Hinblick auf Inhalt, Methodik und Darstellung von nachhaltigkeitsbezogenen Informationen festlegen. Die delegierte Verordnung enthält auch Berichtstemplates für die Principal Adverse Impacts (PAI) und die Berichte nach Art. 8 und 9 als Annex. Sie ist seit 1.1.2023 anzuwenden.

Die FMA wurde mit BGBl. I Nr. 36/2022 zum Vollzug der Offenlegungsverpflichtungen nach der Offenlegungs-Verordnung zuständig erklärt.

Änderung der Benchmark-Verordnung (Benchmark Regulation, BR)

Am 9.12.2019 wurde die Verordnung (EU) 2019/2089 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 (Benchmark-Verordnung) hinsichtlich EU-Referenzwerten für den klimabedingten Wandel, hinsichtlich auf das Übereinkommen von Paris abgestimmter EU-Referenzwerte sowie hinsichtlich nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen für Referenzwerte veröffentlicht. Durch die Änderung der BR wird insbesondere der EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandel (Art. 3 Abs. 1 Z 23a BR) sowie ein Paris-abgestimmter EU-Referenzwert (Art. 3 Abs. 1 Z 23b BR) und mit diesen in Zusammenhang stehende flankierende Bestimmungen in die BR aufgenommen. Referenzwert-Administratoren, die einen EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandel oder einen Paris-abgestimmten EU-Referenzwert bereitstellen, müssen seit 30.4.2020 die in der BR hierzu vorgesehenen Anforderungen erfüllen (Art. 19a Abs. 3 BR).

Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in den Rechtsrahmen von Solvency II, IDD, MiFID II, AIFMD, UCITS-D

Am 21.4.2021 wurden Änderungen zu delegierten Rechtsakten im Wertpapier- und Versicherungsaufsichtsrecht veröffentlicht (Solvency II, IDD, MiFID II, AIFMD, UCITS-D). Diese betreffen die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlage-/Versicherungsberatung sowie von Nachhaltigkeitsfaktoren im Rahmen der Product Governance und die explizite Integration zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Wertpapier- und Versicherungsaufsichtsrecht (z.B. organisatorische Anforderungen, Risikomanagement, Interessenkonflikte). Die Anwendbarkeit ist abhängig vom jeweiligen Rechtsakt, jedoch überwiegend seit August 2022.

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

Am 14.12.2022 wurde die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Durch diese werden die bestehenden Bestimmungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wesentlich modifiziert. Zunächst erweitert der künftige Art. 19a Bilanz-RL idF der CSRD den Anwendungsbereich. Waren bislang nur große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit durchschnittlich mehr als 500 Mitarbeitern zur Abgabe einer Nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet, wird diese Verpflichtung künftig auf alle großen Unternehmen unabhängig von einer Börsennotierung sowie auf börsennotierte klein- und mittelgroße Unternehmen ausgedehnt, wobei für letztere Erleichterungen vorgesehen sind. Kleinstunternehmen bleiben davon ausgenommen. Ein weiterer wesentlicher Regelungsinhalt ist die Einführung von verbindlichen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im künftigen Art. 29b Bilanz-RL idF der CSRD. Die CSRD sieht auch die verpflichtende Darstellung des Nachhaltigkeitsberichts im Lagebericht vor – die alternative Möglichkeit eines separaten Berichts entfällt. Darüber hinaus wird eine verpflichtende externe Überprüfung des Nachhaltigkeitsberichts eingeführt.

Die technische Ausarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erfolgt durch die Europäische Beratungsgruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group – EFRAG). Die CSRD wird erstmals für Geschäftsjahre die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen gemäß Art. 7 CSRD anwendbar – allerdings gilt die Anwendbarkeit gestaffelt nach Unternehmenstyp. Da es sich bei dem gegenständlichen Rechtsakt um eine EU-Richtlinie handelt, bedarf es vor erstmaliger Anwendbarkeit der CSRD eines innerstaatlichen Umsetzungsaktes (nationale Umsetzungsgesetzgebung), welcher im Laufe des Jahres 2023 zu erwarten ist.

Nachhaltigkeit ist seit dem Jahr 2021 ein ausgewiesener Aufsicht- und Prüfschwerpunkt der FMA. Neben einem strukturieren Dialog mit allen Stakeholdern zu Nachhaltigkeitsfragen, können zwei besondere, thematische Aspekte der Schwerpunkte der FMA hervorgehoben werden: Einerseits die angemessene Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in Strategie, Governance und Risikomanagement von beaufsichtigten Unternehmen (Fokus auf Resilienz), andererseits die Einhaltung der erforderlichen Offenlegungen hinsichtlich nachhaltiger Finanzprodukte, um Risiken von Greenwashing zu reduzieren (Fokus auf kollektiven Anlegerschutz). Weitere Details zum Aufsichtsschwerpunkt Nachhaltigkeit der FMA siehe unter den jährlichen FMA-Publikationen „Fakten, Trends und Strategien“.

FMA-Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken

Im Juli 2020 veröffentlichte die FMA einen sektorübergreifenden FMA-Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Der FMA-Leitfaden soll den beaufsichtigten Unternehmen als Hilfestellung bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit dienen und diese insbesondere auf regulatorische Entwicklungen vorbereiten.

Im Jahr 2022 erhob die FMA sektorübergreifend, inwieweit die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in Strategie, Governance und Risikomanagement am österreichischen Finanzmarkt bereits erfolgt ist (Implementierungscheck). Als Referenz wurde hierbei der FMA-Leitfaden herangezogen. Zudem wurden Herausforderungen in Verbindung mit nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungsanforderungen evaluiert. Die Erhebung wurde auch dazu genutzt, einen allfälligen Weiterentwicklungsbedarf des FMA-Leitfadens zu identifizieren und dabei die von der FMA beaufsichtigten Unternehmen direkt einzubinden.

Ein Bericht des Implementierungschecks des FMA-Leitfadens zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken am österreichischen Finanzmarkt wurde am 18.01.2023 veröffentlicht.

Bericht Implementierungscheck Nachhaltigkeit (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 484,4 KB, Sprache: Deutsch)

Weitere Informationen

Downloads

Bericht Implementierungscheck Nachhaltigkeit (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 484,4 KB, Sprache: Deutsch) Bericht grüne Produkte 2023 (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 213,9 KB, Sprache: Deutsch)

Links

FMA-Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken vom 02.07.2020

Aufsichts- und Prüfschwerpunkt Nachhaltigkeit in den jährlichen FMA-Publikationen „Fakten, Trend und Strategien“

Absichtserklärung UN-Klimagipfel 2021 – FMA und OeNB unterstützen UN-Klimagipfel in Glasgow

Informationen der FMA zu Sustainable Finance bei Pensionskassen

Informationen der FMA zu Sustainable Finance bei Versicherungen

Informationen zu Sustainable Finance durch die Europäische Kommission

Recht

Taxonomie-Verordnung (Taxonomy Regulation, TR)

Offenlegungs-Verordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR)

Benchmark-Verordnung (Benchmark Regulation, BR)

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)