Hintergrund zur Pufferfestlegung
Die Zielsetzung des Kapitalpuffers für Systemrelevante Institute (O-SII-Puffer) liegt darin, Kreditinstitute zu identifizieren, die für das Funktionieren der nationalen Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung, d.h. national systemrelevant, sind.
Methodik zur Pufferfestlegung
Die Methode zur Identifikation systemrelevanter Institute (A-SRI) wird im Wesentlichen von den Leitlinien der EBA, EBA/GL/2014/10 (Leitlinien für die Kriterien zur Festlegung der Anwendungsvoraussetzungen für Art. 131 Abs. 3 der Richtlinie 2013/36/EU (CRD) in Bezug auf die Bewertung von anderen Systemrelevanten Instituten (A-SRI)) determiniert. Diese verlangen in einem ersten Schritt eine Berechnung von Punktwerten („Scores“) auf Basis von neun verpflichtenden Indikatoren, welche anhand konsolidierter Daten für alle Kreditinstitute zu berechnen sind (höchstens 10.000 Punkte). In Österreich werden alle Institute mit einem Punktwert über 275 (Grenzwert) als systemrelevant eingestuft, da sie aufgrund der Kriterien i) Größe, ii) Relevanz für die Wirtschaft der Union oder des betreffenden Mitgliedstaats, iii) Bedeutung der grenzüberschreitenden Tätigkeiten, und iv) Verflechtung des Instituts oder der Gruppe mit dem Finanzsystem die Stabilität des Finanzsystems in Österreich wesentlich beeinflussen können und daher im Falle eines allfälligen Scheiterns ein wesentliches Risiko für das Finanz- und Wirtschaftssystem in Österreich und der Europäischen Union darstellen.
In einem zweiten Schritt sollen gemäß EBA GL die nationalen Behörden beurteilen, ob weitere Institute als A-SRI einzustufen sind („supervisory judgement“). Dies erfolgt in Österreich durch zwei zusätzliche Schritte.
a) Berechnung des Scores gemäß den EBA-Leitlinien (EBA/GL/2014/10), jedoch mit Substitution von EU-Größen durch nationale Aggregate.
Die im ersten Schritt der EBA-Methodik aufgelisteten Indikatoren haben einen starken europäischen Fokus. So wird beispielweise die Bedeutung für die Wirtschaft anhand der EU-weiten Einlagen von Haushalten und nicht-finanziellen Unternehmen sowie anhand der Kredite an selbige gemessen. Daher werden zusätzlich zur Ermittlung der Scores nach der standardisierten EBA-Methode in einer Parallelrechnung die EU-Aggregate durch die entsprechenden AT-Aggregate ersetzt. Konkret wird der Indikator „Einlagen aus dem privaten Sektor innerhalb der EU“ durch „Einlagen aus dem privaten Sektor von AT“ und der Indikator „Darlehen an den privaten Sektor innerhalb der EU“ durch „Darlehen an den privaten Sektor nach AT“ ersetzt. Das Ergebnis ist ein Score, der die Bedeutung für den heimischen Finanzsektor adäquat abbildet. Dieser Score, genannt AT-EBA-Score, ersetzt den ursprünglichen (errechnet mit den herkömmlichen Indikatoren) nur in jenen Fällen, in denen er höher ist, dh es wird immer das Maximum der beiden Scores herangezogen. Die Konsequenz dieser zusätzlichen nationalen Beurteilung ist, dass die Scores kleinerer und mittlerer Banken steigen, während die Scores großer, internationaler Banken sinken. Diese zusätzliche Berechnungsmethode wird bereits seit mehreren Jahren verwendet, hat allerdings für 2025 erstmalig konkrete Auswirkungen. Nur aufgrund der Parallelrechnung bleibt der Score der UCBA weiterhin über 999 und damit kommt weiterhin ein Puffer von 2% vor Überlappung zur Anwendung.
b) Zusammenschau mit den C&F-Tests und den Risiken des Einlagensicherungssystems
In diesem Schritt werden Erkenntnisse des „Credibility und Feasibility Tests“ sowie der Analyse der möglichen Systemrisiken eines Einlagensicherungsfalles und betreffend die Insolvenzfähigkeit einzelner Banken seitens der Bankenabwicklungsbehörde herangezogen. Konkret wird im Sinne von Titel III der EBA/GL/2014/10 der Indikator „über das Einlagensicherungssystem garantierte Einlagen“ gemäß Anhang 2 der EBA/GL/2014/10 herangezogen, da insbesondere Institute mit einem hohen Grad an gesicherten Einlagen eine starke Be- oder Überlastung des Systems bei Zahlungsschwierigkeiten verursachen können. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wird für die Einstufung als systemrelevantes Institut ein Grenzwert für den Anteil der gesicherten Einlagen in Höhe von 3,00 % (entspricht einem Punktwert von 300 Basispunkten) gesetzt.
Bei der Klassifikation eines Instituts als systemrelevant wird überdies eine einjährige Beobachtungsregel angewendet. Über- oder unterschreitet ein Institut erstmalig den Schwellenwert von 275 Punkten oder den Schwellenwert für den Anteil an den gesicherten Einlagen von 3,0 %, erfolgt eine Neuklassifizierung nicht sofort, sondern erst, wenn die Über- oder Unterschreitung länger als ein Jahr andauert, d.h. sofern bei der nächstfolgenden Evaluierung wieder eine Über- oder Unterschreitung festgestellt wird.
Ableitung der Pufferhöhen
Abhängig von der Höhe des Scores bzw. der Überschreitung der zusätzlich herangezogenen Indikatoren wurden für Österreich bisher drei Relevanzstufen definiert (sh. Tabelle unten), um die Höhe der Pufferquoten entsprechend differenzieren zu können. Die Evaluierung im Jahr 2024 hat jedoch gezeigt, dass die Einstufung in diese drei Relevanzstufen keine ausreichende Differenzierung des Ausmaßes der systemischen Relevanz verschiedener Kreditinstitute bietet. Auch international ist eine granularere Unterscheidung üblich. Aus diesem Grund wurde die Einstufungstabelle um zwei Stufen erweitert. Die unterste Stufe (Relevanzstufe 1) umfasst nun jene Banken, deren Einstufung als systemrelevantes Institut auf Basis des zweiten Identifikationsschritts („supervisory judgement“ – Zusammenschau mit den C&F-Tests und den Risiken des Einlagensicherungssystems) erfolgt. Die Einführung der fünften Stufe erlaubt eine bessere Unterscheidung von Instituten mit einem sehr hohen Punktwert. Derzeit fällt kein österreichisches Institut in diese höchste Relevanzstufe.
Der O-SII-Puffer und der SyRP wirken komplementär, das heißt sie ergänzen einander. Im Zuge der Umsetzung der CRD V in österreichisches Recht wurde dieses Zusammenspiel durch die Additivität beider Puffer entsprechend berücksichtigt. Um jedoch Überschneidungen mit dem SyRP zu vermeiden (dasselbe Risiko soll nicht zweimal adressiert werden), wurden die O-SII-Puffergrößen entsprechend reduziert.
Aufgrund der Unsicherheiten durch den Ukrainekrieg, der gestiegenen Energiepreise und der hohen Inflation hatte das FMSG 2022 empfohlen, die additiven Erfordernisse aus Systemrisikopuffer und Kapitalpuffer für Systemrelevante Institute mit maximal zusätzlich 0,5 Prozentpunkten zu begrenzen. Bei der Pufferevaluierung 2024 hat das Gremium nun festgestellt, dass sich diese Unsicherheiten ausreichend reduziert haben, sodass diese temporäre Begrenzung auslaufen kann. Daher hat das FMSG die Empfehlung ausgesprochen, unter Berücksichtigung der Überlappung sowohl den OSII- als auch den Systemrisikopuffer nun in ihrer ursprünglich geplanten Höhe vorzuschreiben. Die Festsetzung der Pufferhöhen sowie die Identifikation der Systemrelevanten Institute erfolgt auf Basis eines Gutachtens der Oesterreichischen Nationalbank. Detaillierte Beschreibungen der angewandten Methodik sind auf deren Website zu finden.
Relevanzstufe | Punktwert | O-SII Puffer vor Berücksichtigung der Überlappung mit dem Systemrisikopuffer | Überlappung | O-SII Puffer nach Berücksichtigung der Überlappung mit dem Systemrisikopuffer |
---|---|---|---|---|
1 | Nur Zusatzindikator und <275 | 0,5% CET1 | 12,5% | 0,45% CET1 |
2 | 275-636 | 1,0% CET1 | 12,5% | 0,9% CET1 |
3 | 637-999 | 1,5% CET1 | 12,5% | 1,30% CET1 |
4 | 1.000-3.399 | 2,0% CET1 | 12,5% | 1,75% CET1 |
5 | ≥3.400 | 2,5% CET1 | 12,5% | 2,2% CET1 |
Die identifizierten A-SRI werden bei ihrer erstmaligen Identifikation als A-SRI von der FMA per Bescheid festgestellt.
Gemäß § 23d Abs. 7 BWG hat die FMA durch Verordnung unter Berücksichtigung relevanter Vorgaben der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen Systemrelevanten Instituten mit Sitz im Inland eine Kapitalpufferanforderung vorzuschreiben. Die FMA stützt sich dabei auf die entsprechende Empfehlung des FMSG sowie ein Gutachten der Oesterreichischen Nationalbank.
Sollte das Kreditinstitut die kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung (siehe § 24b BWG) nicht erfüllen, so hat dies Ausschüttungsbeschränkungen (siehe § 24 BWG) und die Verpflichtung zur Erstellung eines Kapitalerhaltungsplans (siehe § 24a BWG) zur Folge.
Auszug aus der Begründung zur KP-V 2021
Eine Fehlfunktion oder das Scheitern eines Systemrelevanten Institutes kann zu Störungen im Finanzsystem insgesamt oder von Teilen des Finanzsystems führen, die schwerwiegende negative Auswirkungen im Finanzsystem und in der Realwirtschaft nach sich ziehen. Insbesondere in Zeiten hoher wirtschaftlicher Unsicherheit sind gut kapitalisierte Systemrelevante Institute auch eine wichtige Voraussetzung für die Beibehaltung des sehr guten Ratings des österreichischen Bankensystems und damit auch für vergleichsweise niedrige Refinanzierungskosten. Der Puffer für Systemrelevante Institute zielt darauf ab, die Wahrscheinlichkeit einer Fehlfunktion oder eines Scheiterns eines großen, Systemrelevanten Kreditinstituts und den damit verbundenen Schaden zu reduzieren.
Die EBA-Leitlinie (EBA/GL/2014/10) sieht zwei Schritte zur Identifikation von Systemrelevanten Instituten vor. In einem ersten Schritt werden Institute anhand von Indikatoren identifiziert, die (i) Größe, (ii) Relevanz für die Wirtschaft der Union oder des betreffenden Mitgliedstaats, (iii) Bedeutung der grenzüberschreitenden Tätigkeiten und (iv) Verflechtungen des Instituts oder der Gruppe mit dem Finanzsystem abbilden. In einem zweiten Schritt ist vorgesehen, dass nationale Aufsichten ihre Expertise über den konkreten Bankensektor nützen, um sicherzustellen, dass alle systemrelevanten Banken als solche erkannt werden, auch wenn dies aufgrund der Mechanik des ersten Schritts nicht der Fall wäre. Seit dem Jahr 2018 werden daher die gesicherten Einlagen als zusätzlicher Indikator berücksichtigt, da Banken, die ein hohes Maß an gesicherten Einlagen aufweisen und daher im Einlagensicherungsfall eine Be- oder Überlastung des Einlagensicherungssystems darstellen würden, eine hohe systemische Relevanz haben. Zudem stellen auch Banken, die beim EBA-Score unauffällig, aber bei einem der gemäß EBA-Leitlinie angewandten Indikatoren besonders hoch exponiert sind, eine potenzielle Gefährdung der Finanzmarktstabilität dar. Bei der Klassifikation eines Instituts als systemrelevant wird überdies eine einjährige Beobachtungsregel angewendet. Über- oder unterschreitet ein Institut erstmalig den Schwellenwert von 275 Punkten oder den Schwellenwert für den Anteil an den gesicherten Einlagen von 3,0 %, erfolgt eine Neuklassifizierung nicht sofort, sondern erst, wenn die Über-oder Unterschreitung länger als 1 Jahr andauert, das heißt bei der nächstfolgenden Evaluierung wieder festgestellt wird.
konsolidierte Ebene
Als systemrelevant identifizierte Institute | Score 2021 | Score 2022 | empfohlene OSII-Puffer ohne Berücksichtigung der Unsicherheit vor Überlappung | empfohlene OSII-Puffer ohne Berücksichtigung der Unsicherheit nach Überlappung | identifiziert aufgrund von |
---|---|---|---|---|---|
Erste Group Bank | 2.512 | 2.615 | 2,00% | 1,75% | EBA Score u.a. |
Raiffeisen Bank International | 1.835 | 1.978 | 2,00% | 1,75% | EBA Score u.a. |
UniCredit Bank Austria | 1.172 | 1.050 | 2,00% | 1,75% | EBA Score u.a. |
Raiffeisenlandesbank Oberösterreich | 522 | 507 | 1,00% | 0,90% | EBA Score u.a. |
BAWAG | 564 | 568 | 1,00% | 0,90% | EBA Score u.a. |
Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien | 293 | 263 | 1,00% | 0,90% | 1-Jahr-Beobachtung |
Volksbanken Verbund | 199 | 196 | 1,00% | 0,90% | gesicherte Einlagen |
unkonsolidiert – Soloebene
Als systemrelevant identifizierte Institute | Score 2021 | Score 2022 | empfohlene OSII-Puffer ohne Berücksichtigung der Unsicherheit vor Überlappung | empfohlene OSII-Puffer ohne Berücksichtigung der Unsicherheit nach Überlappung | identifiziert aufgrund von |
---|---|---|---|---|---|
Erste Group Bank | 1.096 | 1.188 | 2,00% | 1,75% | EBA Score u.a. |
Raiffeiesen Bank International | 1.125 | 1.195 | 2,00% | 1,75% | EBA Score u.a. |
UniCredit Bank Austria | 1.076 | 1.160 | 2,00% | 1,75% | EBA Score u.a. |
Raiffeisenlandesbank Oberösterreich | 471 | 514 | 1,00% | 0,90% | EBA Score u.a. |
BAWAG | 506 | 572 | 1,00% | 0,90% | EBA Score u.a. |
Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien | 292 | 260 | 1,00% | 0,90% | 1-Jahr-Beobachtung |
Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen | 220 | 235 | 1,00% | 0,90% | gesicherte Einlagen |
Darüber hinausgehend wird der Empfehlung des FMSG gefolgt, die additiven Erfordernisse aus Systemrisikopuffer und Kapitalpuffer für Systemrelevante Institute mit maximal zusätzlich 0,5 Prozentpunkten zu begrenzen. Ohne diese Begrenzung hätte das Auslaufen der vorübergehenden Pufferreduktion im Zusammenhang mit der erstmaligen Einführung der Additivität bei einigen Instituten nun zu einer stärkeren Erhöhung der effektiven Pufferhöhen geführt. Der Grund für diese Begrenzung mit maximal zusätzlich 0,5 Prozentpunkten sind sowohl die Unsicherheiten durch den Ukraine-Krieg, gestiegene Energiepreise und hohe Inflation als auch das Auslaufen von Einmaleffekten durch makro- und finanzpolitische Hilfen im Zuge der COVID-19-Pandemie, die die Geschäftsmodelle der Banken vor neue Herausforderungen stellen (z.B. durch sinkende Schuldendienstfähigkeit der Kreditnehmer oder höhere operative Kosten).
Aus der Berücksichtigung der aktuellen Unsicherheiten in Form einer Begrenzung der Erhöhung der effektiven kombinierten Pufferquoten von Systemrisikopuffer und O-SII Puffer auf 0,5 Prozentpunkte ergibt sich für einzelne Institute eine im Vergleich zu den Werten der Tabelle niedrigere Pufferfestsetzung.
Weitere Informationen
Recht
Kapitalpuffer-Verordnung 2021 (KP-V 2021)
Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), mit der die Kapitalpuffer-Verordnung 2021 geändert wird (BGBl. II Nr. 469/2022) (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 169,4 KB, Sprache: Deutsch) Begründung zu BGBl. II Nr. 469/2022 (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 226,1 KB, Sprache: Deutsch) Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), mit der die Kapitalpuffer-Verordnung 2021 geändert wird (BGBl. II Nr. 428/2023) (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 249,0 KB, Sprache: Deutsch) Begründung zu BGBl. II Nr. 428/2023 (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 72,2 KB, Sprache: Deutsch) Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), mit der die Kapitalpuffer-Verordnung 2021 geändert wird (BGBl. II Nr. 389/2024) (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 607,2 KB, Sprache: Deutsch) Begründung zu BGBl. II Nr. 389/2024 (Dateiformat: pdf, Dateigröße: 173,7 KB, Sprache: Deutsch)