Unter dem Begriff Gebietskörperschaft(en) sind Bund, Länder und Gemeinden zu verstehen. Laut. Artikel 1 Abs. 4 (a) gilt EMIR nicht für Stellen der Europäischen Union, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind.
Gebietskörperschaften sind im Rahmen ihrer Haushaltsführung als einer Aufgabe ihres jeweils eigenständigen Wirkungsbereichs auch für ihr jeweiliges Schuldenmanagement zuständig. Für sie – als Stellen, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind – gilt die EMIR daher gemäß Artikel 1 Abs 4 (a) EMIR nicht. Von dieser Ausnahme sind auch Personen umfasst, die durch eine Gebietskörperschaft betraut sind, die staatliche Schuldenverwaltung zu führen. Das betrifft beispielsweise die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur GmbH, welche diese Aufgabe im Namen und auf Rechnung des Bundes besorgt.
Darüber hinaus sind Gebietskörperschaften, die Positionen in Derivatekontrakten eingehen, gemäß der EMIR keine Unternehmen und somit keine nichtfinanziellen Gegenparteien; sie haben daher auch aus diesem Grund keine Anforderungen der EMIR (wie etwa die Melde- und Clearingpflicht) zu erfüllen.
Jedoch können unternehmerisch tätige, den Gebietskörperschaften gehörende Betriebe (mit eigener Rechtspersönlichkeit), die Derivatekontrakte eingehen, als NFCs diesen Verpflichtungen aus der EMIR unterliegen.
Gemäß deren Artikel 1 Abs. 4 (a) gilt die EMIR unter anderem nicht für Stellen der Europäischen Union, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind. Nach Ansicht der Europäischen Kommission, welche sich insbesondere mit der Frage, ob Gemeinden in den Anwendungsbereich der EMIR fallen, beschäftigt hat, fallen jene Gemeinden unter diese Ausnahmebestimmung, die als solche für die staatliche Schuldenverwaltung zuständige oder daran beteiligte Stellen angesehen werden können (siehe dazu die Ausführungen in Teil II Punkt 15 der EC: EMIR Frequently Asked Questions der Europäischen Kommission).
Nach österreichischem Bundesverfassungsrecht obliegt die Haushaltsführung, welche auch das Schuldenmanagement umfasst, der jeweiligen Gebietskörperschaft als Aufgabe ihres jeweils eigenständigen Wirkungsbereichs (Artitkel 13 einerseits und Artikel 116 Abs. 2 iVm 118 Abs. 2 B-VG andererseits). Die Gebietskörperschaften können daher die Ausnahme des Artikel 1 Abs. 4 (a) EMIR für sich nutzen. Demnach fallen sie gemäß dieser Ausnahmebestimmung nicht in den Anwendungsbereich der EMIR und unterliegen damit keinen Pflichten (wie etwa Melde- oder Clearingpflichten) aufgrund der EMIR.
Diese Ausnahme gilt auch für Stellen/Personen, die durch eine Gebietskörperschaft betraut sind, für Letztgenannte die staatliche Schuldenverwaltung zu führen (wie beispielsweise die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur GmbH, welche diese Aufgabe im Namen und auf Rechnung für den Bund besorgt), da solche Stellen ebenfalls unter den Begriff „Stellen (der Union), die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind“, fallen.
Eine nichtfinanzielle Gegenpartei gemäß Artikel 2 Z 9 EMIR ist ein Unternehmen mit Sitz in der EU, das keine finanzielle Gegenpartei ist. Zur Beurteilung, ob ein Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, kommt es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht auf den rechtlichen Status oder die Art der Finanzierung der jeweiligen Person, sondern auf die Art der ausgeübten Tätigkeit, konkret auf das Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt, an (siehe dazu auch die Ausführungen in Teil II Punkt 14 der EC: EMIR Frequently Asked Questions der Europäischen Kommission.
Die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit kann jedoch keinesfalls als unternehmerische Tätigkeit angesehen werden.
Eine Gebietskörperschaft kann durchaus in dem Sinne unternehmerisch tätig sein, dass sie Waren und Dienstleistungen am Markt anbietet, gegebenenfalls sogar im Rahmen eines wirtschaftlich selbständigen Betriebs (vergleiche Betrieb gewerblicher Art. iSd § 2 Körperschaftsteuergesetz).
Hinsichtlich solcher Betriebe gewerblicher Art ist Folgendes festzuhalten: Im Gegensatz zur körperschaftsteuerlichen Lage (ein Betrieb gewerblicher Art ist selbst Steuersubjekt) besteht zivilrechtlich immer nur eine juristische Person, die betreffende Gebietskörperschaft selbst (siehe auch Körperschaftssteuerrichtlinien – KStR 2013 Rz 64). Daher ist auch immer die jeweilige Gebietskörperschaft selbst gegebenenfalls Partei eines allfälligen Derivatekontraktes.
Folglich kann es für die Beurteilung, ob ein Unternehmen und damit eine NFC gemäß Art. 2 Z 9 EMIR vorliegt, nur darauf ankommen, ob die Gebietskörperschaft selbst (gegebenfalls samt allen Betrieben gewerblicher Art) insgesamt als Unternehmen anzusehen ist oder nicht.
Eine solche Einstufung der betroffenen Gebietskörperschaft als Unternehmen wird aber regelmäßig nicht in Frage kommen, da in einer Gesamtschau bei Gebietskörperschaften die hoheitliche Tätigkeit bzw. die Tätigkeiten und Aufgaben, die nicht das Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt darstellen, überwiegen. Ferner überwiegen auf der Einnahmenseite die öffentlich-rechtlichen Einnahmen diejenigen aufgrund des Anbietens von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt erzielten Einnahmen.
Daher unterliegen Gebietskörperschaften, da sie keine Unternehmen und daher keine nichtfinanziellen Gegenparteien sind, nicht den Melde- und Clearingpflichten gemäß EMIR.
Dies gilt umso mehr für Tätigkeiten von Gebietskörperschaften, die nicht als „unternehmerisch“ angesehen werden können, insbesondere hoheitliche Tätigkeiten (darunter auch Hoheitsbetriebe im Sinne des § 2 Abs. 5 KStG). Diese fallen keines Falls unter den Unternehmensbegriff gemäß Art. 2 Z 9 EMIR.
Eine Gemeinde betreibt einen Hoheitsbetrieb (ohne eigene Rechtspersönlichkeit, vergleiche § 2 Abs. 5 KStG), der die Bevölkerung mit Leistungen versorgt, zu deren Annahme diese aufgrund gesetzlicher Anordnung verpflichtet ist, zum Beispiel zur Müllbeseitigung oder zur Straßenreinigung. Im Rahmen dieses Hoheitsbetriebes geht die Gemeinde selbst (da der Versorgungsbetrieb ja zivilrechtlich keine Rechtspersönlichkeit hat) Positionen in Derivatekontrakten ein:
Für die Gemeinde, als Stelle, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt ist, gilt die EMIR nicht. Darüber hinaus ist die Gemeinde nicht unternehmerisch tätig und daher keine nichtfinanzielle Gegenpartei. EMIR findet daher auch aus diesem Grund auf sie keine Anwendung.
Eine Gemeinde betreibt einen Versorgungsbetrieb (ohne eigene Rechtspersönlichkeit, vergleiche § 2 Abs. 3 KStG), der die Bevölkerung mit Elektrizität (oder Gas oder Wärme) versorgt. Im Rahmen dieses Versorgungsbetriebes geht diese Gemeinde selbst (da der Versorgungsbetrieb ja zivilrechtlich keine Rechtspersönlichkeit hat) Positionen in Derivatekontrakten ein:
Für die Gemeinde, als Stelle, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt ist, gilt die EMIR nicht. Darüber hinaus wäre darauf abzustellen, ob die Gemeinde selbst als „Unternehmen“ einzustufen ist. Dies ist aufgrund der obigen Ausführungen aber nicht der Fall.
Folglich ist auch in diesem Fall die Gemeinde keine nichtfinanzielle Gegenpartei und EMIR findet auch aus diesem Grund auf sie daher keine Anwendung.
Gliedert eine Gebietskörperschaft Tätigkeiten auf Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit (= juristische Personen) aus, bleibt zu prüfen, inwiefern diese Rechtsträger selbst (nicht jedoch die Gebietskörperschaft) als NFC im Sinne der EMIR zu qualifizieren sind. Zu beachten ist, dass diesfalls die körperschaftsteuerliche Beurteilung von der Beurteilung, ob ein Unternehmen iSd Art. 2Z 9 EMIR vorliegt, divergiert. Dies deshalb, weil die hoheitliche Tätigkeit in Form einer juristischen Person des privaten Rechts zwar KSt-pflichtig ist, im Sinne der EMIR aber nicht als unternehmerische Tätigkeit gilt.
Eine Gemeinde besitzt zur Versorgung ihres Gemeindegebietes mit Elektrizität (oder mit Gas oder Wärme) ein Stadtwerk in Form einer Aktiengesellschaft. Diese Aktiengesellschaft geht (als eigene juristische Person) Positionen in Derivatekontrakten ein:
Die Aktiengesellschaft, nicht jedoch die Gemeinde selbst (da nur die Aktiengesellschaft zivilrechtlich Vertragspartei des Derivatekontrakts ist), ist nichtfinanzielle Gegenpartei und unterliegt den EMIR-Meldepflichten und, sofern die Clearingschwellenwerte überschritten werden, den Clearingpflichten.
Eine Gemeinde besitzt eine Aktiengesellschaft zur Müllbeseitigung oder zur Straßenreinigung in ihrem Gemeindegebiet, wobei die Bevölkerung zur Annahme von deren Leistungen verpflichtet ist. Diese Aktiengesellschaft geht (als eigene juristische Person) Positionen in Derivatekontrakten ein:
Weder die Aktiengesellschaft, die insofern nicht unternehmerisch tätig ist, da sie keine Leistungen auf einem Markt erbringt, noch die Gemeinde selbst (die zivilrechtlich nicht Partei des Derivatekontrakts ist), sind nichtfinanzielle Gegenparteien. EMIR findet daher keine Anwendung.