Sie befinden sich hier: 

Insiderhandel

Wann eine Information eine Insiderinformation ist, wird in der Marktmissbrauchsverordnung (MAR), die mit 3.7.2014 in Kraft trat und seit 3.7.2016 anwendbar ist, definiert. Demnach gilt:

  • Sie muss eine öffentlich nicht bekannte, genaue Information sein.
  • Sie muss mit einem oder mehreren Emittenten oder einem oder mehreren Finanzinstrumenten direkt oder indirekt in Zusammenhang stehen.
  • Sie muss geeignet sein, bei ihrer Veröffentlichung den Kurs eines Wertpapiers erheblich zu beeinflussen.
  • Sie muss so beschaffen sein, dass ein verständiger Anleger sie wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.

Die Insiderinformation ist in Artikel 7 MAR genau definiert. Dazu gehören auch vertrauliche Informationen um noch nicht erledigte Aufträge von Kunden, an Personen, die mit der Ausführung dieser Aufträge betraut sind (zum Beispiel Kundenhändler).

Tatbestand Missbrauch von Insiderinformationen

Der Missbrauch einer Insiderinformation ist sowohl ein verwaltungsstrafrechtliches als auch ein strafrechtlich relevantes Delikt. Der Gesetzgeber verbietet gem. § 154 Absatz 1 Ziffer 1 und 2 BörseG 2018 beziehungsweise § 163 BörseG 2018 den Missbrauch von Insiderinformationen.

Unter den Tatbestand fällt, wer für sich oder einen Dritten eine Insiderinformation ausnützt. Dies kann durch den An- und Verkauf, die Änderung beziehungsweise die Stornierung von Handelsaufträgen oder die Empfehlung von Wertpapieren oder die Weitergabe der Information an Dritte verwirklicht werden.

Die Finanzmarktaufsicht muss, sofern der Verstoß in die Zuständigkeit der Gerichte fällt, gemäß § 167 Absatz 1 BörseG 2018 bei begründetem Verdacht auf einen Verstoß gegen  die Markmissbrauchsbestimmungen den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft anzeigen und kann dann von der Staatsanwaltschaft mit weiteren Ermittlungen beauftragt werden.

Strafbestimmungen

Der Missbrauch einer Insiderinformation wird in der gerichtlichen Zuständigkeit mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren geahndet. Dies gilt für sogenannte Primärinsider für den Verstoß gegen das Verbot des Insiderhandels und die Abgabe von Empfehlungen bei Vorliegen von Vorsatz. Für Sekundärinsider gilt diese Strafdrohung nur bei Vorliegen von Wissentlichkeit.

Im Fall der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen drohen bis zu 2 Jahre Freiheitsstrafe.

Primärinsider sind gemäß § 163 Absatz 4 Börsegesetz 2018 Personen, die als Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganes des Emittenten (zum Beispiel Vorstände oder Aufsichtsräte) oder sonst auf Grund ihres Berufes (zum Beispiel Wirtschaftsprüfer, Dolmetscher) oder ihrer Beteiligung am Kapital des Emittenten Zugang zu einer Insiderinformation haben.

Jeder, der Insiderinformationen hat, ohne Insider gemäß § 163 Absatz 4 BörseG 2018 zu sein, ist als Sekundärinsider zu qualifizieren. Das sind zum Beispiel Lebenspartner eines Vorstandsmitglieds oder eine Reinigungskraft.

Im Fall der Zuständigkeit der FMA als Verwaltungsstrafbehörde sind Personen wegen des Missbrauchs von Insiderinformationen gemäß § 154 Absatz 1 Ziffer 1 und 2 Börsegesetz 2018 in Verbindung mit Artikel 14 MAR mit einer Geldstrafe von bis zu 5 Millionen Euro oder bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt, zu bestrafen.

In jedem Fall, also sowohl bei gerichtlicher als auch bei verwaltungsstrafrechtlicher Zuständigkeit, kann die juristische Person zur Rechenschaft gezogen werden (bis zu 15 Millionen Euro oder 15 % des jährlichen Gesamtnettoumsatzes).

Effekte auf den Kapitalmarkt

Aufgrund der Herausforderungen im Umgang mit den Bestimmungen der Richtlinie 2003/6/EG („Marktmissbrauchsrichtlinie“) hat der Europäische Gerichtshof in den vergangenen Jahren Auslegungen zu den Begriffen Insiderinformation und Insiderhandel vorgenommen. Diese Begriffe wurden näher konkretisiert. Die darin getroffenen Auslegungen haben auch weiterhin Gültigkeit. Im Folgenden werden neben den Effekten auf den Kapitalmarkt auch ausgewählte Entscheidungen dargestellt.

Ein Insider nutzt das Vertrauen (der Investoren) aus, um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen. Wenn Missbrauch von Insiderinformation nicht geahndet wird, verlieren Investoren das Vertrauen in den Markt und werden weniger für Finanzinstrumente bezahlen. Ein Unternehmen, das bekannt dafür ist, dass Insider ihre Informationen missbräuchlich verwenden, wird einen Kursabfall erleiden und die Kapitalkosten werden signifikant steigen. Das Vertrauen der Investoren in Unternehmen, die sich auf Kosten anderer bereichern sinkt.

Weiters werden Investoren den Markt verlassen und so die Kapitalkosten für alle Unternehmungen erhöhen und der Volkswirtschaft einen Wohlfahrtsverlust zufügen. Insgesamt gehen somit die Qualität der Preise, im Sinne von Preise spiegeln alle verfügbaren Informationen wider, sowie das Umsatzvolumen zurück. Dadurch kann es zu Marktversagen und schlimmstenfalls zum Zusammenbruch des Kapitalmarktes kommen.

Auch auf die betroffenen Unternehmen hat dies Auswirkung. Es werden sich die Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt verschlechtern was Investitionen bzw. wirtschaftliches Wachstum verhindert. So ist es denkbar, dass das nötige Eigenkapital für eine Unternehmensinvestition nicht über eine Kapitalerhöhung aufgebracht werden kann, da die Kapitalkosten durch den Vertrauensverlust und erhöhte Risikoprämien gestiegen sind.

Entwicklungen in der Rechtsprechung

Der Europäische Gerichtshof führt in einem Urteil vom 23. Dezember 2009 aus, dass die Frage, ob gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen wurde, im Licht der Zielsetzung der Richtlinie zu prüfen ist. Diese besteht darin, “die Integrität der Finanzmärkte zu schützen und das Vertrauen der Investoren zu stärken, das insbesondere auf der Gewissheit beruht, dass sie einander gleichgestellt und gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Insiderinformation geschützt sind.“

Weiters legt das Urteil die oben angegebene Richtlinie aus und stellt diese klar. Wenn ein Insider für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Insiderinformation bezieht, erwirbt oder veräußert oder dies versucht, so impliziert diese Handlung eine Nutzung der Insiderinformation. Die Verteidigungsrechte bleiben von dieser Vermutung unberührt.

An den Europäischen Gerichtshof wurde die Frage herangetragen, wann eine präzise Information im Zusammenhang mit zeitlich gestreckten Vorgängen vorliege, die als hinreichend wahrscheinlich anzusehen ist. Im Urteil vom 28. Juni 2012 sprach der Gerichtshof aus, dass auch die mit der Verwirklichung des Umstandes bzw. Ereignisses verknüpften Zwischenschritte eines Vorganges eine Insiderinformation darstellen können.

„Hinreichende Wahrscheinlichkeit“, dass Umstände bzw. Ereignisse in Zukunft existieren werden, zielt auf die Beurteilung zukünftiger Umstände bzw. Ereignisse ab. Wenn die umfassende Würdigung ergibt, dass tatsächlich erwartet werden kann, dass sie in Zukunft eintreten oder existieren werden, so liegt hinreichende Wahrscheinlichkeit vor. Eine Auslegung, dass das Ausmaß der Auswirkungen auf den Kurs der Finanzinstrumente zu berücksichtigen ist, ist nicht vorgesehen.

In einem weiteren Rechtsstreit wurde an den Gerichtshof neuerlich die Frage der Auslegung des Begriffs „präzise“ Information herangetragen. Der Gerichtshof stellte im Urteil vom 11. März 2015 klar, dass die Einstufung als präzise Information nicht verlangt, dass die Richtung der Kursentwicklung vorhergesehen werden muss.

In dem Urteil wird klarstellend ausgeführt, dass die Marktmissbrauchsrichtlinie nicht verlangt, dass die Richtung der Kursbewegung zu bestimmen ist. Maßfigur für die Beurteilung, ob eine Information eine Insiderinformation sein kann, ist der verständige Anleger. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Information von einem verständigen Anleger als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung genutzt werden kann, oder nicht. Eine exakte Einschätzung der Richtung, in der sich die Kurse von Finanzinstrumenten ändern können, ist infolge der Komplexität der Finanzmärkte schwierig. Aus diesen Überlegungen leitet der Gerichtshof ab, dass „für die Einstufung einer Information als präzise nicht verlangen [verlangt wird], dass aus ihnen mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit abgeleitete werden kann, dass sich ihr potentieller Einfluss auf die Kurse der betreffenden Finanzinstrumente in eine bestimmte Richtung auswirken wird, wenn sich öffentlich bekannt werden.“

Weitere Informationen