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Abwicklung allgemein

Die Finanzkrise 2007/2008 zeigte auf, dass für bestimmte Kreditinstitute eine Insolvenz im herkömmlichen Sinne nicht in Frage kommt, da durch ein plötzliches Ausscheiden dieser Kreditinstitute aus dem Markt im Rahmen eines Insolvenzverfahrens die Finanzmarktstabilität sowie die Aufrechterhaltung von wesentlichen Funktionen für Finanzwirtschaft und Realwirtschaft gefährdet wären. Aus diesem Grund mussten Kreditinstitute oftmals durch Staatshilfe gestützt oder gerettet werden.

Die Verwendung von Mitteln der öffentlichen Hand für die Rettung von Kreditinstituten soll als eine der Lehren aus der Finanzkrise zukünftig nicht mehr notwendig sein. Stattdessen sollen die Eigentümer und Gläubiger des betroffenen Kreditinstituts für die Finanzierung aufkommen. Um dies zu ermöglichen, wurde seitens des europäischen Gesetzgebers ein rechtliches Rahmenwerk geschaffen.

Die Banken Abwicklungs- und Sanierungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD , Richtlinie 2014/59/EU idgF ) und die Verordnung des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM ) Regulation, Verordnung (EU ) Nr. 806/2014) bilden gemeinsam für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten die sogenannte „zweite Säule“ der Europäischen Bankenunion (weitere Informationen zur Europäischen Bankenunion) und schließen an die Regelungen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Kreditinstitute, dem Single Supervisory Mechanism („SSM“), der sogenannten „ersten Säule“ der Europäischen Bankenunion, an.

Durch die im Mai 2014 vom Europäischen Parlament und dem Rat beschlossene BRRD wurden erstmals einheitliche Regelungen für den europäischen Wirtschaftsraum geschaffen, wie im Falle einer Bankenabwicklung oder Bankensanierung vorzugehen ist. Die BRRD gilt für alle Mitgliedstaaten der EU sowie für die EWR -Mitglieder. Als Richtlinie musste sie jeweils in nationales Recht umgesetzt werden (Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – BaSAG)).

Mehr Informationen zum Thema Bankensanierung finden Sie hier (Sanierungsplanung nach BaSAG).

Die Single Resolution Mechanism (SRM)-Verordnung, die den (Single Resolution Mechanism, SRM ) begründete, baut auf der Grundlage der BRRD auf. Als Verordnung gilt sie direkt und musste nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden. Für die Bankenabwicklung hat sie konkret nur Auswirkungen auf jene Institute, die ihren Sitz in Staaten der Euro-Zone („teilnehmende Mitgliedstaaten“) haben oder deren Sitzstaat im Rahmen einer freiwilligen Teilnahme (sog. „Opt-in“) dem SSM angehört.

Das Single Resolution Board (SRB) ist zuständig für die Erstellung von Abwicklungsplänen und für alle Beschlüsse im Zusammenhang mit einer Abwicklung von bestimmten Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, die als bedeutende Kreditinstitute der direkten Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB ) unterliegen oder solcher, bei denen die EZB beschlossen hat, sämtliche Befugnisse unmittelbar auszuüben (siehe hier die vollständige Liste der sogenannten bedeutenden Kreditinstitute), sowie auf der anderen Seite andere grenzüberschreitende Gruppen (siehe hier die vollständige Liste). Mehr Informationen zum SRB finden Sie hier (weitere Informationen zur Europäischen Bankenunion).

Der SRM besteht aus dem „Einheitlichen Abwicklungsausschuss“ bzw. Single Resolution Board, SRB mit Sitz in Brüssel und den nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten. In Österreich ist seit 2015 die FMA auch nationale Abwicklungsbehörde. Neben dem SRB wurde der Einheitliche Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, „SRF“) als zweites Kernelement des SRM gegründet. Der SRF wird durch Bankenabgaben finanziert (weitere Informationen zum SRF hier). Das SRB arbeitet bei der Durchführung von Abwicklungsmaßnahmen sowie bei der Erstellung von Abwicklungsplänen umfangreich mit den jeweiligen nationalen Abwicklungsbehörden zusammen, die wesentlichen Entscheidungen werden jedoch durch das SRB , teils zusammen mit dem Europäischen Rat und der Europäischen Kommission, getroffen. Die wesentlichen Entscheidungen des SRB werden wiederum von den nationalen Behörden, im Falle Österreichs der FMA , national umgesetzt.

Für jene Kreditinstitute oder Gruppen, die nicht in der direkten Zuständigkeit des SRB liegen, sind die nationalen Abwicklungsbehörden, im Falle Österreichs die FMA , zuständig. Dies trifft insbesondere für die Annahme von Abwicklungsplänen und die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit, Maßnahmen während der Frühintervention, die Festlegung der Höhe der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL ) und die Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten zu. In vielen dieser Themenstellungen arbeitet die FMA als nationale Abwicklungsbehörde auch eng mit der Österreichischen Nationalbank (OeNB ) zusammen.

In den Anwendungsbereich des Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) fallen neben Kreditinstituten auch bestimmte Wertpapierfirmen, die bankähnliche Tätigkeiten (Handel für eigene Rechnung und Emission/Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung) ausüben und bestimmten Anforderungen bezüglich ihres Anfangskapitals unterliegen. Aufsichtsrechtlich wurde mit der Investment Firm Regulation (IFR ; Verordnung (EU ) 2019/2033) und der Umsetzung der Investment Firm Directive (IFD ; Richtlinie (EU) 2019/2034) im österreichischen Wertpapierfirmengesetz (WPFG ) ein neuer Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen geschaffen, der die unterschiedlichen Risikoprofile von Wertpapierfirmen berücksichtigt. Diese Änderung des Aufsichtsregimes bedingt, dass die FMA zukünftig auch die zuständige Abwicklungsbehörde für „Klasse 1 minus“ und bestimmte „Klasse 2“-Wertpapierfirmen sein wird. Die Aufgaben der FMA entsprechen dabei jenen für Kreditinstitute im Anwendungsbereich des Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG).

Um eine effektive Anwendung der Abwicklungsinstrumente und –befugnisse bei Wertpapierfirmen und EU -Zweigstellen von Instituten aus Drittstaaten im Anwendungsbereich des Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) zu sichern, hat die FMA einen Nationalen Abwicklungsfinanzierungsmechanismus ( NAF ) einzurichten, der durch Beiträge der Wertpapierfirmen und EU -Zweigstellen finanziert wird.

Mit der Verordnung (EU ) 2021/23 wurde zudem ein Rahmenwerk für die Sanierung und Abwicklung von Zentralen Gegenparteien (Central Counterparties, CCPs ) geschaffen. Zuständige Abwicklungsbehörde im Sinne des österreichischen Zentrale-Gegenparteien-Vollzugsgesetzes (ZGVG ) ist in Österreich seit 12. August 2022 die FMA . Zu den diesbezüglichen Aufgaben zählen die Annahme von Abwicklungsplänen und die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit, Maßnahmen während der Frühintervention und die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und -befugnissen im Abwicklungsfall.

FMA als Abwicklungsbehörde

Das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) und das Zentrale Gegenparteien Vollzugsgesetz (ZGVG) übertragen der FMA die Aufgaben der national für die Abwicklung von Instituten (das sind vor allem Kreditinstitute, aber auch bestimmte Wertpapierfirmen) und Zentrale Gegenparteien (CCPs ) zuständigen Abwicklungsbehörde.

Für die Abwicklung von Instituten arbeitet die FMA im SRM eng mit dem SRB in Brüssel zusammen. Während das SRB in Kooperation und mit Unterstützung der Nationalen Abwicklungsbehörden (National Resolution Authorities, NRAs ) für die Abwicklungsplanung und Abwicklung von bedeutenden sowie grenzüberschreitend tätigen Instituts(gruppen) in der Eurozone zuständig ist, ist die FMA , unter Einbeziehung des SRB , weitestgehend selbstständig für sämtliche nicht signifikante Institute in Österreich zuständig.

Zu den Kernaufgaben der FMA als Abwicklungsbehörde zählen:

  • die Abwicklungsplanung,
  • die Vorschreibung von Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, den sog. MREL -Erfordernissen,
  • die Beseitigung von Abwicklungshindernissen,
  • die Vorschreibung und Einhebung der Beiträge zum Abwicklungsfonds,
  • die Durchführung von Abwicklungsverfahren (auch zur Umsetzung von Abwicklungsentscheidungen des SRB ),
  • die Beaufsichtigung von Abwicklungseinheiten.