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FMA veröffentlicht Rundschreiben zu Interessenkonflikten bei Anreizsystemen im Vertrieb von Anlageprodukten

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„Die Ausgestaltung bestimmter Anreiz- und Vergütungssysteme im Vertrieb von Anlageprodukten kann beim Berater Interessenkonflikte auslösen, die zum Nachteil des Kunden gereichen können“, so der FMA-Vorstand, Mag. Helmut Ettl und Dr. Kurt Pribil: „Mit dem heute veröffentlichten Rundschreiben legt die Finanzmarktaufsicht dar, wie Unternehmen bei der Erbringung ihrer Wertpapierdienstleistungen vorzugehen haben, um ehrlich, redlich und professionell im besten Sinn des Kunden zu handeln und die Wohlverhaltensregeln einzuhalten.“ Dabei geht es vor allem darum, dass die Unternehmen ihren Mitarbeitern im Vertrieb von Wertpapieren keine falschen Anreize setzen.

Das „Rundschreiben der FMA zur Interessenkonfliktproblematik bei bestimmten Vergütungssystemen“ im Vertrieb von Anlageprodukten richtet sich an Kreditinstitute, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen sowie Kapitalanlagegesellschaften und betrifft Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten sowie Wertpapiernebendienstleistungen. Die Aufsicht erläutert darin, was bei Vertriebsanreizsystemen zu beachten ist, um mögliche Interessenkonflikte gemäß der Paragrafen 34f Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG 2007) zu managen. Das WAG 2007 sieht dazu einen dreistufigen Ansatz vor – Identifizieren, Vermeiden, Offenlegen: Erstens sind potenzielle Interessenkonflikte präventiv zu identifizieren, zweitens sind diese, so weit es möglich ist, zu vermeiden, und drittens, sollte trotz aller Maßnahmen ein Interessenkonflikt nicht vermeidbar sein, so ist dieser dem Kunden gegenüber jedenfalls offenzulegen.

Jedes Unternehmen hat in einer schriftlich festgehaltenen Leitlinie (Interessenkonflikt-Policy) festzulegen, wie es entsprechend diesem dreistufigen Ansatz mit potenziellen Interessenkonflikten umgeht. Dazu sind alle unternehmensinternen Vergütungs-, Provisionszahlungs- oder sonstigen Boni-Regelungen für Mitarbeiter zu evaluieren. Erfolgsabhängige Vergütungssysteme für Mitarbeiter wie

  • die Vorgabe allgemeiner Vertriebsziele (z.B. Umsätze, Depotvolumen),
  • die Vorgaben, die den Vertrieb von Produkten bestimmter Anbieter oder bestimmter Produktkategorien (z.B. Aktien, Investmentfonds, Anleihen) honorieren,
  • und die Vorgabe, ganz konkret bestimmte Produkte (wie die Aktie XY) zu forcieren,

sind auf Grund des mit Ihnen verbundenen Interessenkonfliktpotenzials gemäß § 35 Abs. 2 Z1 WAG 2007 in die Leitlinie aufzunehmen.

„Es ist evident, dass ein Mitarbeiter, der für den erfolgreichen Vertrieb eines bestimmten Anlageproduktes eine besondere Vergütung erhält, eher geneigt sein wird, Kunden dieses Produkt zu  empfehlen als ein anderes, das für die Höhe der variablen Vergütung nicht oder weniger relevant ist“, so FMA-Vorstand Dr. Pribil. Es bestehe daher ein Konfliktpotenzial, nicht im besten Interesse des Kunden zu handeln.

Bei obigen Vergütungssystemen haben daher die Unternehmen auf jeden Fall, Verfahren zu entwickeln und Maßnahmen zu treffen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Grundsätzlich ist zu empfehlen, auf den Einsatz derartiger kritischer Vergütungssysteme zu verzichten. In der Praxis kann jedoch eine entsprechende Ausgestaltung und Einführung von Kontrollmechanismen ausreichend sein, um bestehende Modelle beizubehalten. Besonders wichtig ist es aber, zumindest entsprechende Ex-Post-Kontrollen einzuführen; etwa die Etablierung von Tools, die Mitarbeiter, bei denen gehäuft Kundenbeschwerden auftreten oder deren Vergütung einen besonders hohen variablen Anteil aufweist, kontrollieren. Zusätzlich wird empfohlen, derartige Kontrollen auch risikobasiert stichprobenartig durchzuführen. Grundsätzlich werden Interessenkonflikte mit konfliktgeneigten Vergütungssystemen auch zurückgedrängt, wenn der flexible Gehaltsbestandteil eines Mitarbeiters nur einen geringen bzw. betraglich begrenzten Teil des Gesamtgehaltes ausmacht. Vertriebsziele, bei denen der Mitarbeiter für den Verkauf konkret genannter Produkte höher honoriert wird als bei anderen vergleichbaren, stellen jedenfalls einen nicht aufzulösenden Interessenkonflikt dar.

„Die Umsetzung dieses Rundschreibens stellt sicher, dass geeignete Maßnahmen zum Schutz der Kunden gesetzt werden“, so der FMA-Vorstand zusammenfassend.

Rückfragehinweis für Journalisten:

Klaus Grubelnik (FMA-Mediensprecher)
+43/(0)1/24959-5106
+43/(0)676/882 49 516