Finanzsanktionen

FMA-Zuständigkeit im Bereich der Bekämpfung von Proliferationsfinanzierung

Mit 14. Dezember 2024 wurde das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG) erweitert. Die neuen Regelungen betreffen die Verhinderung der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit der Proliferationsfinanzierung und entsprechen den Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF). Wesentlich für die Zuständigkeit der Finanzmarktaufsicht (FMA) ist der neue Paragraf 23a FM-GwG. Er legt fest, welche organisatorischen Maßnahmen und Schulungen die Verpflichteten umsetzen müssen. Die FMA überwacht die Einhaltung dieser Vorgaben im Rahmen ihrer Aufsicht.

Was ist Proliferation(-sfinanzierung)?

Proliferation umfasst nicht nur die (direkte) Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und entsprechenden Waffenträgersystemen, sondern auch jene von Anlagen, Technologien und Bestandteilen zu deren Herstellung, inklusive des dafür erforderlichen Know-Hows. Relevant sind dabei auch sogenannte Dual-Use-Güter, also Waren bzw. Produkte mit doppeltem Verwendungszweck, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können.

Paragraf 2 Ziffer 24 und Ziffer 25 FM-GwG definiert die Begriffe „gezielte finanzielle Sanktionen“ sowie „gezielte finanzielle Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung“. Die einschlägigen Beschlüsse und Verordnungen beziehen sich im Wesentlichen auf restriktive Maßnahmen der EU gegen Nordkorea und den Iran, aus denen sich ein Einfriergebot sowie ein unmittelbares und ein mittelbares Bereitstellungsverbot ergeben. Im Sinne einer effektiven Präventionsarbeit ist seitens der Verpflichteten im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung jedenfalls zu beachten, dass auch weitere Jurisdiktionen mit einem tendenziell höheren Risiko verbunden sein können und insbesondere auf die Gefahr von potenziellen Umgehungsgeschäften und -konstruktionen Bedacht zu nehmen. „Know Your Customer“ (KYC-) und „Know Your Customer's Customer“ (KYCC-)Informationen, die seitens der Verpflichteten bereits zur Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung einzuholen sind, können einen geeigneten Ausgangspunkt für entsprechende Analysen und Prüfschritte bilden. Aufgrund der unterschiedlichen Thematik und Zielsetzung werden zur effektiven Prävention von Proliferationsfinanzierung regelmäßig zusätzlich aber auch weitere spezifische Daten, Informationen und Nachweise erforderlich sein.

Organisatorische Vorkehrungen gemäß FM-GwG

In Anlehnung an die organisatorischen Rahmenbedingungen des Paragrafen 23 FM-GwG, mit denen die Verpflichteten bereits aus dem Bereich der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung vertraut sind, umfassen die Maßnahmen des (neuen) Paragrafen 23a FM-GwG spezielle Anforderungen in Bezug auf das Risiko der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung. Daraus ergibt sich die Verpflichtung zur Festlegung von Strategien, Kontrollen und Verfahren (gegebenenfalls auch auf Gruppenebene), die insbesondere die Risikoanalyse auf Unternehmensebene, Maßnahmen zur Erkennung von Risikofaktoren, potenziellen Anzeichen für Nichtumsetzung/ Umgehung oder von potenziell risikogeneigten Konstellationen, die Risikomanagementsysteme sowie Anzeige- und Meldepflichten umfassen. Zur Überwachung der Einhaltung dieser Vorgaben sind weiters ein besonderer Beauftragter (gegebenenfalls auch auf Gruppenebene) einzurichten, angemessene Schulungsmaßnahmen zu etablieren und eine unabhängige Überprüfung durch die interne Revision sicherzustellen. Bei Verletzung dieser Verpflichtungen droht die Verhängung einer Verwaltungsstrafe durch die FMA.

Anforderungen an die Praxis

Zur Umsetzung der Maßnahmen des Paragrafen 23a FM-GwG haben sich Verpflichtete insbesondere mit den nachstehenden Fragestellungen auseinanderzusetzen:

  • Wie bewerten Sie das Risiko Ihres Unternehmens für Proliferationsfinanzierung
    missbraucht zu werden und wie kommen Sie zu diesem Ergebnis? Ist das Ergebnis gesondert im Rahmen der Risikoanalyse auf Unternehmensebene gemäß Paragraf 4 FM- GwG abgebildet?
  • Welche Risikofaktoren im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung wurden im Rahmen der Risikoanalyse auf Einzelkundenebene definiert? (bspw. gewisse Branchen mit erhöhtem Risiko oder Handelsfinanzierungsprodukte etc.)
  • Wird die Prävention von Proliferationsfinanzierung in den Regelwerken, Arbeitsanweisungen oder ähnlichen Dokumenten sowie in Schulungen gesondert thematisiert? (bspw. Definition, Abgrenzung zu Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, Anhaltspunkte für Auffälligkeiten und Maßnahmen etc.)
  • Was sehen Sie beispielhaft als konkrete Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung an?
  • Welche Maßnahmen setzten Sie zur Sicherstellung der Einhaltung gezielter finanzieller Sanktionen gegenüber dem Iran und Nordkorea im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung (bspw. Listenabgleiche, Beschränkungen des Zahlungsverkehrs etc.)?
  • Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung zu erkennen und in weiterer Folge zu minimieren? (bspw. Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten, Durchführung manueller Kontrollhandlungen etc.)
  • Sind in Ihrem Unternehmen spezielle Indizien zur automatisierten kontinuierlichen Überwachung im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung im Einsatz? (bspw. betreffend „Umgehungsländer“, bestimmte Verwendungszwecke etc.)

Weiterführende Links

FMA übernimmt Aufgaben bei der Überwachung von Finanzsanktionen

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) übernimmt per 1.1.2026 Kompetenzen bei der Überwachung und Durchsetzung von Finanzsanktionen der EU und UN, wie etwa jenen gegen Russland oder den Iran. Durch den Kompetenzübergang soll die Aufsicht im Bereich der Prävention von Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung bzw. der Überwachung von Finanzsanktionen bestmöglich integriert und unter einem Dach gebündelt werden.

Neben dem Übergang des Kompetenzbereichs der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) auf die FMA ist mit Artikel II des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes 2024 auch eine Erweiterung des Adressatenkreises auf sämtliche „Finanzmarktteilnehmer“ verbunden. Darunter werden ab 1.1.2026 neben den schon bisher von der OeNB beaufsichtigten Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstituten insbesondere auch Versicherungsunternehmen (inklusive Schadensversicherung), E-Geldinstitute und Kryptowerte-Dienstleister fallen. Durch erweiterte behördliche Befugnisse und konkrete Aufgaben für die FMA zur Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Sanktionsmaßnahmen, etwa behördliche Ermittlungsverfahren, Aufsichtsmaßnahmen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands etc., werden die Befugnisse an jene im Bereich der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung angeglichen. Bei Verletzung von Verpflichtungen nach dem SanktG 2024 wird künftig die Verhängung einer Verwaltungsstrafe durch die FMA drohen.

Die enge Kooperation zwischen OeNB und FMA bei der Überwachung von Finanzsanktionen bei Kredit- und Finanzinstituten sowie Zahlungsdienstleistern wird im Übergangszeitraum im Jahr 2025 sukzessive ausgebaut, um den behördenübergreifenden Wissenstransfer und einen reibungslosen Kompetenzübergang zu gewährleisten. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich im SanktG 2024, das mit Artikel I des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes erlassen wurde. Im Rahmen der Unterstützungshandlungen gemäß § 19 Abs 4 SanktG 2024 wird die FMA 2025 sowohl an Sanktionen-Prüfungen der OeNB teilnehmen als auch selbstständig im Auftrag der OeNB entsprechend Prüfungen vor Ort bei den Instituten durchführen. Zusätzlich wird die FMA die OeNB bei behördlichen Verfahren unterstützen bzw. solche im Auftrag der OeNB durchführen.

Aus dem SanktG 2024 ergeben sich bereits für diesen Übergangszeitraum geänderte Rahmenbedingungen: Zur Schärfung des Bewusstseins für eine wirksame Einhaltung der Sanktionsmaßnahmen enthält § 7 SanktG 2024 spezifische Vorgaben für die interne Organisation von Finanzmarktteilnehmern. Diese Verpflichtung zur schriftlichen Festlegung von Strategien, Kontrollen und Verfahren korrespondiert mit den Vorgaben des § 23a FM-GwG.  Weiters ist auf die einschlägigen, bereits veröffentlichten EBA-GL zu verweisen, die eine Reihe konkreter Präzisierungen der bisherigen Vorgaben enthalten.

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