Betriebliche Vorsorgekassen

Das Abfertigungssystem ist unter dem Namen „Abfertigung neu“ besser bekannt. In diesem Abschnitt finden Sie Informationen rund um das Thema rechtliche Grundlagen, zur Funktionsweise des Abfertigungssystems, zum gesetzlichen Auftrag der Finanzmarktaufsicht, zu den wichtigsten Kennzahlen und zu den Informationspflichten.

Die Finanzmarktaufsicht beaufsichtigt die Betrieblichen Vorsorgekassen. Eine Betriebliche Vorsorgekasse ist ein Unternehmen, welches nach dem Bankwesengesetz dazu berechtigt ist, das Betriebliche Vorsorgekassengeschäft zu betreiben. Es umfasst die Hereinnahme und Veranlagung von Abfertigungs- und Selbständigenvorsorgebeiträgen. Diese Beiträge stehen im Eigentum der Betrieblichen Vorsorgekasse, die diese treuhändig für die Anwartschaftsberechtigen hält und verwaltet. Für diese Tätigkeit ist eine eigene Konzession nach dem Bankwesengesetz erforderlich.

Das Abfertigungssystem in dieser Form existiert seit dem 1. Juli 2002 und trat an die Stelle des bisherigen Abfertigungsmodells, weshalb es auch als „Abfertigung neu“ bezeichnet wird.

Tätigkeiten der Betrieblichen Vorsorgekassen

Die Ausübung des Betrieblichen Vorsorgekassengeschäftes wird durch das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geregelt. Die Hereinnahme und Veranlagung von Abfertigungsbeiträgen im Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz ist als Bankgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Z 21 Bankwesengesetz normiert. Aus diesem Grund unterliegen Betriebliche Vorsorgekassen neben dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz auch den Bestimmungen des Bankwesengesetzes, allerdings mit einigen Ausnahmen. Wesentliche Sonderbestimmungen sind die verpflichtende Bestellung von Staatskommissären und deren Stellvertretern sowie eines Aufsichtsrates unabhängig von der Bilanzsumme sowie eigene Eigenmittelvorschriften.

Ist die Konzession erteilt, darf allein das Betriebliche Vorsorgekassengeschäft betrieben werden. Beteiligungen an anderen Unternehmen sind nicht zulässig, ausgenommen an solchen, die mit dem Betrieblichen Vorsorgekassen-Geschäft im Zusammenhang stehende Tätigkeiten ausüben. Die Rahmenbedingungen der Veranlagungspolitik und der Eigenmittelerfordernisse der Betrieblichen Vorsorgekassen sind gesetzlich geregelt und stehen unter der Aufsicht der FMA.

Der Geltungsbereich erstreckt sich grundsätzlich auf alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse, so insbesondere auf die Arbeitsverhältnisse von Angestellten und Arbeitern. Ein derartiges Vorsorgemodell für freie Dienstnehmer und Selbständige wurde am 1. Jänner 2008 eingeführt. Die Auswahl der Betrieblichen Vorsorgekasse erfolgt im Regelfall durch den Arbeitgeber, welcher einen Beitrittsvertrag mit der ausgewählten Betrieblichen Vorsorgekasse abschließt.

Aktuell gibt es acht Betriebliche Vorsorgekassen, die zum 31.12.2022 ein Vermögen von insgesamt EUR 16,56 Mrd. verwalten. Zwei Betriebliche Vorsorgekasse verwalten jeweils zwei Veranlagungs­gemeinschaften, die anderen jeweils nur eine Veranlagungsgemeinschaft. Detaillierte, statistische Daten finden sich im aktuellen Jahresbericht der FMA.

Wie funktioniert das System?

Betriebliche Vorsorgekassen verfügen über eine Konzession gemäß § 1 Abs. 1 Z 21 Bankwesengesetz für die Hereinnahme und Veranlagung von Abfertigungsbeiträgen und Selbständigenvorsorgebeiträgen („Abfertigung neu“). Der Arbeitgeber schließt einen Beitrittsvertrag mit einer Betrieblichen Vorsorgekasse für sämtliche MitarbeiterInnen ab und zahlt grundsätzlich ab  Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in der Höhe von 1,53 vH des monatlichen Entgelts sowie allfälliger Sonderzahlungen an den für den/die Arbeitnehmer/in zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Weiterleitung an die Betriebliche Vorsorgekasse.

Im Gegensatz dazu hat der Selbständige im Rahmen der Selbständigenvorsorge selbst den Vertrag mit der Betrieblichen Vorsorgekasse abzuschließen. Für bestimmte Berufsgruppen (z.B. Rechtsanwälte, Notare, Ziviltechniker sowie Land- und Forstwirte) gibt es die freiwillige Möglichkeit des Abschlusses einer Selbständigenvorsorge.

Veranlagungsvorschriften und Anspruch auf Abfertigung

Die Betriebliche Vorsorgekasse ist zur Hereinnahme und Veranlagung dieser Beiträge berechtigt und hat das Betriebliche Vorsorgekassengeschäft im Interesse der Anwartschaftsberechtigten zu führen und hierbei insbesondere auf die Sicherheit, Rentabilität und auf den Bedarf an flüssigen Mitteln sowie auf eine angemessene Mischung und Streuung der Vermögenswerte Bedacht zu nehmen. Hervorzuheben ist, dass von Gesetzes wegen für die der Betrieblichen Vorsorgekasse zugeflossenen Beiträge eine Kapitalgarantie vorgesehen ist (§ 24 Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz).

Für die von der Betrieblichen Vorsorgekasse verwaltete Veranlagungsgemeinschaft müssen von der FMA zuvor bewilligte Veranlagungsbestimmungen vorliegen. Diese regeln das Rechtsverhältnis der Anwartschaftsberechtigten zur Betrieblichen Vorsorgekasse sowie zur Depotbank und haben u.a. zu enthalten, nach welchen Grundsätzen die Veranlagungsinstrumente ausgewählt werden.

Soweit die Anspruchsvoraussetzungen laut § 14 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes gegeben sind, kann z.B. die Auszahlung der gesamten Abfertigung, die Weiterveranlagung oder die Übertragung der gesamten Abfertigung auf die Betriebliche Vorsorgekasse des neuen Arbeitgebers verlangt werden (§ 17 Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz).

Gesetzlicher Auftrag der Finanzmarktaufsicht

Als Banken unterliegen Betriebliche Vorsorgekassen der Aufsicht der Finanzmarktaufsicht. Die Finanzmarktaufsicht hat die in den oben genannten Rechtsgrundlagen (Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, Bankwesengesetz) geregelten behördlichen Aufgaben und Befugnisse wahrzunehmen.

Die Finanzmarktaufsicht ist für die laufende Aufsicht der Betrieblichen Vorsorgekassen zuständig. Im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit ist sie unter anderem für die Einleitung und Führung von aufsichtsbehördlichen Verfahren sowie für die Bearbeitung von Anzeigen und Meldungen gemäß Bankwesengesetz (BWG) zuständig. Darüber hinaus müssen die Veranlagungsbestimmungen sowie deren Änderungen von der FMA bewilligt werden. Weiters ist auch für die Bestellung und den Wechsel der Depotbank eine Bewilligung der FMA erforderlich.

Überdies haben die Betrieblichen Vorsorgekassen diverse Meldebestimmungen einzuhalten. Eine Änderung des Bankwesengesetzes (BWG) in Bezug auf die Zuständigkeit bei der Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen hat dazu geführt, dass die Finanzmarktaufsicht mit den Vor-Ort-Prüfungen bei den Betrieblichen Vorsorgekassen seit 01.01.2011 betraut wurde. Sie führt im Zusammenhang mit den Veranlagungsgemeinschaften auch Prüfungen bei deren Depotbanken durch. Weitere behördliche Befugnisse werden im Rahmen von Analysetätigkeiten wahrgenommen und schließen beispielsweise die Würdigung von Jahresabschlüssen der beaufsichtigten Institute und die Durchführung von Managementgesprächen ein.

Informationspflichten

Gemäß § 25 Abs. 2 BMSVG ist der Anwartschaftsberechtigte grundsätzlich jährlich zum Stand 31. Dezember des vorangegangenen Geschäftsjahres binnen drei Monaten schriftlich über

  • die zum letzten Bilanzstichtag erworbene Abfertigungsanwartschaft,
  • die für das Geschäftsjahr vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge,
  • die vom Anwartschaftsberechtigten zu tragenden Barauslagen und Verwaltungskosten,
  • die zugewiesenen Veranlagungsergebnisse sowie
  • die insgesamt erworbene Abfertigungsanwartschaft zu informieren.

Wesentliche Daten sind im Rahmen dieser jährlichen Kontonachricht neben Namen und Sozialversicherungsnummer des Anwartschaftsberechtigten die für die Erfüllung der in Ziffer 1 bis 5 angeführten Verpflichtungen erforderlichen Daten. Weiters hat die Information die Grundzüge der Veranlagungspolitik sowie die zum Abschlussstichtag gehaltenen Veranlagungen zu enthalten. Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wird der Anwartschaftsberechtigte von der Betrieblichen Vorsorgekasse über seine Verfügungsmöglichkeiten informiert. Die FMA hat zur Gestaltung dieser Kontoinformationen Mindeststandards erlassen, deren Einhaltung sich die FMA von den Betrieblichen Vorsorgekassen im Sinne des § 39 Bankwesengesetzes (BWG) erwartet.

Die Rechenschaftsberichte der Veranlagungsgemeinschaften sind auf Verlangen den beitragsleistenden Arbeitgebern und den zuständigen Betriebsräten unverzüglich zu übermitteln.

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